Restaurationen

Gemälde von Pietro Chiesa

Bevor im Jahr 2004 das Museo d’Arte von Mendrisio eine Retrospektive über die Person und das Werk von Pietro Chiesa zeigte, wusste man sehr wenig über diesen Maler aus Sagno und namentlich über seine Jugendwerke und seine Tätigkeit im Ausland.

Die Ausstellung konnte diese Lücke füllen und nebst den wohl bekannten Tessiner Werken dieses bedeutenden Vertreters des Novecento auch grossformatige Gemälde aus der Frühzeit seines Schaffens einem breiten Publikum zugänglich machen. Es handelt sich dabei vor allem um die Werke:

L’abbrutito/Der Verrohte (1897), Festa del villaggio/Dorffest (1901-1903) und Sobborghi milanesi /Mailänder Vororte (1905).

Vor allem letzteres Gemälde ist ganz besonders bezeichnend für die Mailänder Periode des Künstlers und ist unbestritten ein eindrücklicher Ausdruck der sozialen Wirklichkeit  in der Arbeitswelt einer Grossstadt.

Während seiner Mailänder Zeit, also bis 1915, stand Chiesa der „Umanitaria“, einer philanthropischen Vereinigung mit sozialpolitischen Zielen sehr nahe, befreundete sich mit bedeutenden Persönlichkeiten des italienischen und europäischen Sozialismus wie Turati, Kulisciov und Ada Negri und hatte enge Beziehungen zur Familie Majno und namentlich zu Ersilia Majno, die er lange liebevoll „mammina, Mütterchen“ nannte. Er engagierte sich auch bei den Abendkursen der „Umanitaria“ wo er neben Giuseppe Mentessi als Lehrer wirkte.

Die Ausstellung in Mendrisio zeigte nicht nur den Künstler und sein Werk in einem neuen Licht, sondern hob auch seine Tätigkeite als Illustrator der Werke seines Bruders Francesco Chiesa hervor, nicht zuletzt auch dank der Katalogbeiträge von Aurora Scotti und Irene Botta.

Für „Sobborghi milanesi“ begab ich mich für eine Besichtigung nach  Venedig wo sich das durch die  Galleria d’arte Moderna  von Ca’Pesaro erworbene Gemälde in einem öffentlich zugänglichen Standort beim Ponte di Rialto befand (und möglicherweise immer noch befindet). Begleitet von einer venezianischen Restauratorin wollte ich  den Konservierungszustand des Gemäldes untersuchen: er war eindeutig sehr prekär und angesichts des Ausmasses des Gemäldes erschien auch die fachgerechte Verpackung und der Transpart besonders heikel. Die Unkostgsen Würden sicher erheblich sein; aber ein Verzicht ebenso auszuschliessen. Da kam mir  die Schweizerische Stiftung Pro Venezia in den Sinn von der ich  und vor allem von der Präsidentin Alma Bacciarini sogleich eine grosszügige Zusage für eine finanzielle Unterstützung der Restaurationsarbeiten erhielt.

So konnte das Gemälde dann eine dominante Stellung in der Austellung im Museo d’Arte von Mendrisio  einnehmen,  für alle gut sichtbar am Ende des ersten Korridors und die Besucher beeindrucken mit seiner düsteren, ernsten und dunstigen, beinahe heroischen Atmosphäre. Sicher eines der besten Werke einer tüchtigen und fähigen Generation von „Tessiner“ Künstlern wie Franzoni, Rossi, Berta, Feragutti-Visconti, für die Mailand ein unumgänglicher Behziehungspunkt war.

Simone Soldini

Museo d’Arte Mendriso

 

Sobborghi Milanesi