Gemälde von Tintoretto und Fumiani
In der Kirche San Rocco befinden sich zwei grosse, 1987 restaurierte Gemälde:
DER HEILIGE ROCHUS WIRD IN DER SCHLACHT VON MONTPEL-LIER GEFANGENGENOMMEN und CHRISTUS VERTREIBT DIE HÄNDLER AUS DEM TEMPEL.
Das erste Gemälde befindet sich an der rechten Seitenwand und wird Jacopo Robusti (Venedig, 1518–1594) besser bekannt als Tintoretto zugeschrieben, der von den Venezianern gerne auch als „il furioso“ (der Rasende) bezeichnet wird, ein Hinweis auf seine ausserordentliche Geschwindigkeit bei der Ausführung von Gemälden, was ihm mehrfach den Vorwurf von Oberflächlichkeit und unlauterem Wettbewerb durch seine Maler Kollegen eingebracht hat. Nur kurze Zeit Schüler von Tiziano, bevor er dessen grosser Rivale wurde, ist Tintoretto ein origineller und innovativer Exponent der manieristischen Ausdrucksform des 16ten Jahrhunderts und gemäss einigen Kritikern sogar der Begründer der Barockentwicklung .
Bei der Betrachtung vieler seiner zahlreichen Werke beeindruckt unweigerlich die Wucht der Komposition, die dynamische und emotionale Spannung der Figuren, die schlagartigen Lichtrisse in den schwarzen Gewitterwolken. Aber gerade diese und andere Ausdruckselemente sind nicht sehr ausgeprägt in diesem Gemälde vorhanden, sodass ein nicht unwesentlicher Beitrag von Mitarbeitern des Künstlers naheliegend erscheint.

Das Gemälde bezieht sich auf eine teilweise legendäre Biographie des heiligen Rochus, des im 14ten Jahrhundert gelebten wundertätigen Pilgerers, dessen Gebeine sich seit 1490 in der Kirche befinden . In Montpellier als einziger Sohn einer wohlhabenden Familie geboren, erst gerade zwanzigjährig veräusserte er nach dem Tod der Eltern alle Güter und Privilegien um sich nach Rom zu begeben und auf dem Grab der Apostel Petrus und Paulus zu beten. In jenen Jahren wütete in Italien die Pest und Rochus leistete auf dem ganzen Pilgerweg überall grosszügige Hilfe für die Pestkranken. Auf der Rückreise, in der Nähe seiner durch den König von Frankreich belagerten Geburtsstadt fiel er in die Hände der Kämpfenden und da er seine Identität nicht bekannt geben wollte, konnte er sich von der Anklage ein Verräter zu sein nicht verteidigen und wurde gefangen genommen. Erst nach fünf Jahren hartem Kerker, bei seinem Tod wurde er erkannt.
Das andere Gemälde hängt an der gegenüberliegenden Seite und stellt eine im Johannesevangelium besonders eindrücklich dargestellte Episode dar: "Das Paschafest der Juden war nahe und Jesus zog nach Jerusalem hinauf. Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler, die dort saßen. Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazu die Schafe und Rinder; das Geld der Wechsler schüttete er aus und ihre Tische stieß er um".

Autor des wahrscheinlich 1678 entstanden Gemäldes ist Giovanni Antonio Fumiani (Venedig 1645–1710). In seinen frühen Jugendjahren war er in einer Werkstatt in Bologna als Lehrling tätig und konnte sich dort in der weiträumigen perspektiven Architekturmalerei ausbilden, welche zeitlebens ein Charakteristikum seines Schaffens bleiben soll. 1668 kehrte er nach Venedig zurück wo er eine bemerkenswerte Tätigkeit für kirchliche und private Auftraggeber entwickelte und dabei auch über die Grenzen der Serenissima erfolgreich war, was zum Beispiel die Ausführung eines weiteren Werk „ Vertreibung aus dem Tempel im Auftrag von Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein belegt. Während längerer Zeit arbeitete er in der Kirche San Pantalon in der sich sein bekanntestes Werk, Martyrium und Glorie des Heiligen befindet. Auf Leinwand ausgeführt überzieht das Gemälde vollständig die grosse Decke mit überraschenden dreidimensionalen Wirkungen .
Die Fotografien der Gemälde sind freundlicherweise durch die Scuola Grande e Arciconfraternita di San Rocco, zu der die Kirche gehört, zur Verfügung gestellt worden.
